Donnerstag, 25. Dezember 2014

Die zwölf Sinne des Menschen - Der Geschmackssinn


Goethe: „Die Sinne trügen nicht, aber das Urteil trügt.“ 
(Sprüche in Prosa)

Dem seelischen zugeneigte Sinne

Der Geschmackssinn
Anders als beim Geruch, wo etwas aus der Außenwelt einfach herein weht, müssen wir beim Geschmack erst etwas hineinlassen. Durch den Geschmack werden wir niemals aggressiv mit der Natur verbunden. Während Gerüche unmittelbar bestimmte Triebe im Menschen hervorrufen können, kann der Geschmack das niemals so direkt; wir müssen immer erst etwas hinzufügen. Z.B. in der Küche, die Wärme = Sonne. Und wir müssen der Substanz entgegenkommen, sie in unserem Speichel auflösen.
Leider ist kein Sinn so verdorben, wie der Geschmackssinn. Es ist tatsächlich das Organ, mit dem wir nicht mehr richtig umzugehen wissen. Wir unterteilen lediglich noch in lecker und nicht lecker. Dabei ist der Hauptsinn des Geschmackssinns die Unterscheidung, ob etwas gesund ist oder nicht!!! Wenn der Mensch jedoch sehr lange etwas Falsche gegessen hat, steigt ein Urtrieb in ihm auf, der sich nach etwas Gesundem sehnt. Es ist hinreißend, wenn Wasser und Käsestückchen dann wieder schmecken. Es gehört auch zum (gesunden) Geschmackssinn, zu wissen, wie viel man braucht um satt zu sein!
Um unsere geistige Verdauung steht es nicht viel besser, unsere Kultur krankt schon lange an einem Zuviel an Information! Unsere geistige Verdauung ist also, genau wie unsere physische völlig überfordert. Ein Überangebot bei gleichzeitigem Mangel an Lebensnotwendigem!!!
Mit Hilfe des Geschmacks wurden früher auch alle Medizinen herausgefunden. Die ersten Kräutersucher gingen in die Natur und prüften, indem sich schmeckten, ob eine Pflanze auf die Leber, die Nieren oder auf die Augen wirkte.
Wir haben vier große Geschmacksrichtungen:
  • Das Süße, die Süße des Lebens – hängt mit dem mittleren Bereich der menschlichen Seele, mit dem behaglichen, nicht wirklich bewussten Teil der Seele, das Süße ist auch der erste Geschmack den wir kennen lernen (Muttermilch).
  • Das Saure, es erfrischt, belebt
  • Das Bittere benötigt willenshafte Überwindung. Wenn man Kindern nur Süßigkeiten gibt und nicht zu gegebener Zeit etwas Bitteres, dann wird es nie ein kräftiges Kind werden.
  • Das Salzige, weckt den Geschmack anderer Nahrungsmittel, Salz häng mit dem Denken zusammen, das Denken erklärt etwas anderes, es vergisst sich selbst. Salz ist im ersten Lebensjahr gefährlich, danach lebensnotwendig.
Geschmack geht tiefer als Geruch. Jemand der einen guten Geschmack hat, weiß sich zu kleiden, seine Wohnung gut einzurichten usw.
Wie die Welt uns aus makrokosmischer zu mikrokosmischer Substanz transformiert, so verändern auch wir immer die Welt. Das ist mit Geschmack gemeint.
Es ist eine Illusion zu glauben, dass Atome oder Stoffe uns gesundmachen können. Wir werden immer durch Befruchtungsprozesse geheilt. Und das kann auch wohl einmal bitter sein. Lebenserfahrungen, Prüfungen lassen sich mit Geschmacksrichtungen ausdrücken: eine bittere Erfahrung, ein säuerlicher Kerl, ein süßes Kind,....
Wir essen keine natürliche Nahrung, das machen nur die Tiere. Wir essen „kultürliche“ Nahrung, denn Landbau ist eine Kultur. Wir müssen uns nur die Frage stellen, ob wir eine gesunde oder eine schädliche Kultur anstreben.
Ohne Feuer ist keine Kultur denkbar. Zuerst wird auf dem Lande durch das Sonnenfeuer alles vorgekocht. Die Sonne führt die Pflanzen, wenn wir nicht eingreifen bis zum Blütenstadium und weiter. Wenn wir Wurzeln, Blätter, Stängel und so weiter kochen, „verblumen“ wir sie! Wir essen äußerlich meist keine Blumen, aber wir handhaben alles in einem „Blumenprozess“.
Bei Tisch üben wir es, selbst „Blumen“ zu sein. Es gibt nur wenige Orte, an denen es nicht angebracht ist zu streiten: in einem kultischen Raum, auf einem Kirchhof und bei Tisch!
Es sind drei Kulturen, die sich bei Tisch begegnen:
Für den Körper die Kultur der Nahrungszubereitung, sie kommt aus der Vergangenheit.
Für die Seele die Wohnungseinrichtung, das Zimmer, der Tischschmuck, unsere Kleidung, unser Verhalten. Wir sind im Jetzt.
Für den Geist ist es die Kultur unseres Gespräches, befruchtend und inspirierend für die Zukunft.
Der Geschmackssinn wird erst nach der Geburt aktiviert (orale Phase). Erfahrung der Unterscheidung von Sympathie und Antipathie auf der leiblichen und seelisch-geistigen Ebene (z.T. auch im Geruchssinn); wichtig für die Entwicklungsfähigkeit (im Kosten auch des „nicht schmeckenden“).




frei nach Albert Soesman
Die zwölf Sinne - Tore der Seele

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